Das Krisenzentrum für weibliche Komik und seine Verfahren experimenteller Übertretung
Das Krisenzentrum für weibliche Komik begreift künstlerische Forschung als Praxis der Intervention. Dabei lassen sich die Ebenen des Ästhetischen, Gesellschaftlichen und Politischen nicht voneinander trennen. Machtverhältnisse, wie sie sich im Feld der Geschlechter zeigen, sind auf Reglementierungen von Artikulationsformen und -möglichkeiten und damit auf ästhetische Konventionen – spezifische »Aufteilungen des Sinnlichen« (Jacques Ranciére) – gegründet. Solche Konventionen sind aber nicht stabil, sondern müssen ihre Geltung immer wieder performativ erneuern (Judith Butler). Hier setzt die künstlerische Forschung des Krisenzentrums an.
Sie nutzt Verfahren experimenteller Übertretung, die unerkannte Regularien sichtbar machen und sie zugleich hinterfragen. Diese Doppelstrategie, das noch nicht Gewusste in der performativen Überschreitung erst erfahrbar und zugleich obsolet zu machen, künstlerisch-epistemische Objekte in derselben Geste herzustellen und zu verspielen, ist dabei ein Grundprinzip von Darstellender Kunst als Forschung. Sie organisiert sich in Versuchsreihen, als experimentelle Anordnung bzw. als »Experimentalsystem«, in dem etwas Neues zur Erscheinung gebracht wird, das nicht antizipiert werden kann, sondern sich nur in wiederholten und variierten Durchführungen zeigt (Hans Jörg Rheinberger).
Während wissenschaftliche Forschungen jedoch darauf abzielen, stabile Objekte herzustellen, geht es in der künstlerischen Forschung um die Eröffnung von stets veränderlichen Möglichkeitsräumen.
Vanessa Stern gibt einen kurzen Einblick in Möglichkeitsräume, die seit 11 Jahren durch das Krisenzentrum für weibliche Komik entstanden sind.
Zur Künstlerin
Vanessa Stern studierte Schauspiel an der HdK Berlin. Sie arbeitete u.a. am Schauspielhaus Köln und wurde 2005 zur besten Nachwuchsschauspielerin NRWs gewählt. Im Rahmen eines zweijährigen Stipendiums an der Graduiertenschule für die Künste und die Wissenschaften der UdK gründete sie das Krisenzentrum für weibliche Komik in dem sie genderspezifische Zugänge zu Komik erforscht. Sie arbeitet seit 2011 kontinuierlich an den Sophiensaelen. Ihre Inszenierungen «Das Kapital der Tränen» und «Die Umschülerinnen oder Die Komödie der unbegabten Kinder» wurden jeweils für den Friedrich Luft Preis nominiert, ihr Theaterfilm «Sleeping Duties –Probleme sind eine gute Lösung» wurde 2021 fürs nachtkritik Theatertreffen nominiert. Zuletzt hatte ihr Theaterfilm «Knochenarbeit oder Der Tod und die Mädchen» im Rahmen der Mannheimer Schillertage Premiere.